Die Liste ist nicht vollständig und bildet nicht alle Bereiche von Klassismus ab
Antrag: | Klassismus entgegenwirken – Teilhabe aller jungen Menschen stärken! |
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Antragsteller*in: | aej, BDKJ |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 27.10.2023, 14:41 |
Antrag: | Klassismus entgegenwirken – Teilhabe aller jungen Menschen stärken! |
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Antragsteller*in: | aej, BDKJ |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 27.10.2023, 14:41 |
materieller Benachteiligung ebenso wie in kultureller und sozialer Ausgrenzung. Klassistisch ist: unter anderem, Menschen mit „Unterschichtennamen“ oder Dialekt sprechende Menschen herabzuwürdigen; Bezieher*innen von Bürgergeld mangelnden Arbeitswillen
Wir Jugendverbände und Jugendringe setzen uns für die Teilhabe von Kindern und
Jugendlichen ein. Alle jungen Menschen sollen die gleichen Chancen haben, ein
selbstbestimmtes Leben zu führen, die eigenen Talente und Begabungen zu
entfalten, am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben teilzuhaben und
unsere Gesellschaft mitzugestalten. Teilhabe ist ein elementares Recht junger
Menschen!
Die Lebensrealität vieler Kinder und Jugendlicher sieht aber anders aus: Durch
einen massiven Anstieg der Kinder- und Jugendarmut in Deutschland und eine
zunehmend ungleiche Verteilung von Vermögen und Einkommen werden die
Teilhabechancen vieler junger Menschen erheblich eingeschränkt. Etwa ein Fünftel
der Kinder und Jugendlichen ist heute von Armut bedroht.[1] Wer in Armut lebt,
hat nicht einfach nur wenig(er) Geld zur Verfügung, sondern wird im Bildungs-
und im Gesundheitssystem benachteiligt, hat schlechtere Chancen bei der Arbeits-
und Wohnungssuche, wird herabgewürdigt oder im öffentlichen Leben unsichtbar
gemacht. Diese Form der Diskriminierung heißt Klassismus.
Klassismus bedeutet, aufgrund der (zugeschriebenen) sozialen Herkunft bzw. des
sozialen Status diskriminiert und unterdrückt zu werden. Er äußert sich in
materieller Benachteiligung ebenso wie in kultureller und sozialer Ausgrenzung.
Klassistisch ist: unter anderem, Menschen mit „Unterschichtennamen“ oder Dialekt sprechende
Menschen herabzuwürdigen; Bezieher*innen von Bürgergeld mangelnden Arbeitswillen
zu unterstellen; Eltern mit niedrigem sozialen Status Erziehungs- und
Sorgekompetenzen abzusprechen; die Leistungen von armutsbetroffenen Kindern und
Jugendlichen schlechter zu bewerten und ihnen nichts zuzutrauen; die
Lebensrealitäten und Interessen von Menschen zu ignorieren, die sich nicht
akademisch ausdrücken können.
Vor allem aber ist klassistisch: Armut und armutsbegünstigende Strukturen
aufrecht zu erhalten. Ein dauerhaft großer Niedriglohnsektor, die Ausweitung
prekärer Beschäftigungsverhältnisse, der Mangel an bezahlbarem Wohnraum und an
Betreuungsangeboten für Kinder, oder kaum bedarfsgerechte Sozialleistungen für
Kinder und Familien festigen die Ausgrenzung und Benachteiligung aufgrund des
sozialen Status.
Wir finden: Klassismus und seine Ursachen müssen benannt werden! Insbesondere
deshalb, weil klassistische Diskriminierung junge Menschen besonders hart trifft
und lebenslange Auswirkungen haben kann. Im Gegensatz zu anderen Formen der
Diskriminierung ist Klassismus als Begriff außerhalb theoretischer Debatten noch
nicht sehr verbreitet. Weder ist Klassismus als Diskriminierungsform im
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) anerkannt noch gibt es eine
systematische Antiklassismus-Arbeit z.B. in Schulen und Behörden. Die mangelnde
öffentliche Auseinandersetzung mit Klassismus führt dazu, dass viele Betroffene
die eigene Lebenslage nicht auf ungerechte Strukturen zurückführen, sondern für
selbstverschuldet halten. Der gemeinsame Kampf gegen Armut und ihre
strukturellen Ursachen wird so erschwert.
Klassismus zu benennen ist ein notwendiger erster Schritt, um ein Bewusstsein
für klassenbezogene Diskriminierung zu schaffen und benachteiligende Strukturen
abzubauen. Klassismuskritik bedeutet jedoch nicht, Armutsbetroffenheit in
Konkurrenz zu anderen Diskriminierungsformen zu setzen. Gerade weil Klassismus
in der Regel nicht allein auftritt, sondern sich häufig mit Rassismus, Sexismus
oder Ableismus verschränkt, darf er nicht isoliert betrachtet werden.
Klassismuskritik kann nur als Bestandteil einer breit angelegten
Antidiskriminierungsarbeit Erfolg haben.
Als Jugendverbände und Jugendringe engagieren wir uns für eine solidarische und
diskriminierungsfreie Gesellschaft. Wir unterstützen die Selbstorganisation
junger Menschen und tragen mit unseren Angeboten zum Empowerment benachteiligter
Kinder und Jugendlicher bei. Gleichwohl müssen auch wir selbst
klassismussensibler werden und dafür Sorge tragen, dass armutsbetroffene Kinder
und Jugendliche dieselben Chancen haben, sich bei uns zu engagieren und ihre
Themen einzubringen wie ihre Altersgenoss*innen aus privilegierteren Familien.
Wir wollen die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Klassismus voranbringen,
indem wir unsere eigenen Strukturen immer wieder kritisch hinterfragen und zu
einem Vorbild klassismuskritischen Handelns werden!
Klassismuskritik darf sich für uns aber nicht im Empowerment armutsbetroffener
Menschen erschöpfen. Oberste Priorität muss weiterhin sein, Armut und
armutserzeugende Strukturen entschieden zu bekämpfen! Um die Lebenslage und die
Teilhabechancen armutsbetroffener junger Menschen zu verbessern und
klassistische Benachteiligungen abzubauen, fordern wir:
[1] Funcke, A. & Menne, S. (2023): Kinder- und Jugendarmut in Deutschland. Hrsg.
von der Bertelsmann Stiftung. <https://www.bertelsmann-
stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/factsheet-kinder-und-jugendarmut-
in-deutschland> [Letzter Zugriff: 04.10.2023]
[2] U.a.: „Jugendarmut bekämpfen!“ Position des Deutschen Bundesjugendrings,
verabschiedet von der Vollversammlung am 26./27. Oktober 2018 in Dresden
<https://www.dbjr.de/artikel/jugendarmut-bekaempfen>; „Die Zeit für Entlastung
junger Menschen und ihrer Jugendverbände ist jetzt!“ Position des Deutschen
Bundesjugendrings, verabschiedet vom Hauptausschuss am 14. September 2022
<https://www.dbjr.de/artikel/die-zeit-fuer-entlastung-junger-menschen-und-ihrer-
jugendverbaende-ist-jetzt>
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