Veranstaltung: | DBJR-Hauptausschuss 01/2024 |
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Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Hauptausschuss |
Beschlossen am: | 31.01.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Europäische und Internationale Jugendarbeit endlich absichern!
Beschlusstext
Die Internationale Jugendarbeit ist ein zentrales Handlungsfeld der
Jugendverbände in Deutschland. Diese Form der Jugendverbandsarbeit ermöglicht
wertvolle Erfahrungen und Begegnungen für junge Menschen und trägt zur Förderung
des interkulturellen Verständnisses und eines globalen Bewusstseins bei. Trotz
ihrer Bedeutung steht die Internationale Jugendarbeit jedoch vor erheblichen
Herausforderungen, die ihre Zukunft akut gefährden.
Herausforderungen:
Ehrenamt unter Druck: Internationale Jugendarbeit wird vor allem durch die
ehrenamtliche Arbeit junger Menschen getragen. Durch gestiegene individuelle und
gesellschaftliche Belastungen junger Menschen und zunehmend eingeschränkter
Freiräume wird ehrenamtliches Engagement immer mehr zu einem Privileg. Der
Rückgang des Ehrenamts gefährdet die Internationale Jugendarbeit.
Geschwächte Träger- und Partnerschaftsstrukturen durch die Covid-19 Pandemie:
Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie haben die Trägerstrukturen der
Internationalen Jugendarbeit geschwächt. Um diese lang gewachsenen Strukturen
wieder zu erneuern, ist ein hoher Ressourcenaufwand notwendig. Dazu gehören u.a.
die Stärkung von ehrenamtlichem Engagement, ressourcenintensive Beziehungsarbeit
zu internationalen Partnerorganisationen und die Wiederaufnahme von Maßnahmen im
Bereich der Internationalen Jugendarbeit.
Gestiegene Kosten:Die hohe Inflation mit den einhergehenden Kostensteigerungen
in Bereichen wie Energie, Lohn, Transport, Verpflegung und Unterkunft, die
Bedarfe inklusiver Maßnahmen sowie die Notwendigkeit von klimafreundlichen
klimafreundlicher Jugendbegegnungen und inklusiven Maßnahmen stellen die Träger
der Internationalen Jugendarbeit vor erhebliche Schwierigkeiten. Gleichzeitig
erleben wir, dass die Politik es versäumt , Fördermittel entsprechend der
Bedarfe zu Erhöhen und zu verstetigen.
Die Durchführung von Maßnahmen kann in weiten Teilen nur noch über hohe
Eigenmittelanteile oder steigende Teilnahmegebühren finanziert werden. Dadurch
verschärft sich die Ungleichheit beim Zugang zu non-formaler Bildung weiter.
Ohne ein entschiedenes Entgegenwirken werden Maßnahmen der Internationalen
Jugendarbeit schlichtweg nicht mehr bezahlbar sein. Das politische Ziel, allen
jungen Menschen Erfahrungen durch internationalen Austausch zu ermöglichen, wird
damit weiter verfehlt.
Visaprobleme: Visaprobleme und bürokratische Hürden erschweren Maßnahmen mit
Trägern und jungen Menschen außerhalb des Schengenraums erheblich. Gerade
Maßnahmen mit afrikanischen Partnerorganisationen müssen regelmäßig kurzfristig
abgesagt werden, weil die notwendigen Visa entweder nicht rechtzeitig oder gar
nicht ausgestellt werden. Träger bleiben hierbei in der Regel auf entstandenen
Kosten sitzen. Fehlende Ansprechbarkeit in den deutschen Auslandsvertretungen
und dem Auswärtigen Amt verschärft das Problem. Hinzu kommen unrealistische
Ansprüche an Träger der Internationalen Jugendarbeit mit Blick auf den
Beantragungsprozess der Visa, wie beispielsweise in der Praxis der
Internationalen Jugendarbeit nicht einhaltbare Vorlaufzeiten und Antragsfristen.
Ebenfalls problematisch sehen wir Nachweispflichten zur wirtschaftlichen und
familiären Bindung der Antragssteller*innen.
Mangelhafte Unterstützung aus dem politischen Raum:
Seit vielen Jahren nehmen wir eine Politisierung von internationaler
Jugendarbeit wahr. Jugendaustausche fördern scheint vor allem dann prioritär zu
werden, wenn es zur Durchsetzung anderweitiger Interessen der Bundesregierung in
den Beziehungen zu anderen Ländern dienlich scheint. Hierdurch neu auf
einseitige Initiativen erzeugte Jugendwerke sehen wir entsprechend kritisch.
Statt einer Vielzahl an kleinteiligen, bilateralen Töpfen braucht es eine echte
Weiterentwicklung hin zu modernen, multilateralen Förderstrukturen in der
internationalen Jugendarbeit.
Statt darüber zu sprechen, mit welchen Maßnahmen die internationale Jugendarbeit
gestärkt werden kann, bedroht die deutsche Bundesregierung nicht zuletzt durch
den vorgelegten Haushaltsentwurf deren Zukunft. Als Jugendverbände stemmen wir
uns entschieden gegen die Unterfinanzierung der internationalen Jugendarbeit und
setzen uns für gute Rahmenbedingungen eben jener ein. Wir bekräftigen die
wichtigen Beschlüsse der DBJR Vollversammlung 2017 “Mehr Unterstützung für die
nordafrikanische Jugend” und “Solidarität mit der Jugend am Westbalkan”[1][2]
sowie den Beschluss der DBJR Vollversammlung 2019 “Internationale Jugendarbeit
gewährleisten”[3].
Zur Absicherung und Sicherstellung der Zukunft der Internationalen Jugendarbeit
stellen wir als DBJR folgende Forderungen:
Eine wirklich bedarfsgerechte Förderung der Internationalen Jugendarbeit, um
internationale Maßnahmen überhaupt zu ermöglichen. Dazu gehören u.a. die
Erhöhung des Gesamtvolumens der Förderung, die Erhöhung von Festbeträgen im KJP
, die Gleichstellung der Förderung von Jugendbegegnungen mit Fachkräftemaßnahmen
und die Bedarfe inklusiver Maßnahmen.Darin zu berücksichtigen sind ebenso die
höheren Kosten für klimaschonende Reisemittel.
Abschaffung des Gastgebendenprinzips, um internationale Jugendarbeit auch mit
Partnerländern zu ermöglichen, in denen entsprechende finanzielle Mittel fehlen.
Wir fordern, dass sowohl Reisekostenzuschüsse für in Deutschland stattfindende
Maßnahmen, als auch die Förderung von Aufenthaltskosten bei Veranstaltungen in
anderen Ländern ermöglicht werden.
Risikoabsicherung von Trägern der internationalen Jugendarbeit, wenn sie sich
entscheiden, eine internationale Jugendbegegnung im In- oder Ausland stattfinden
zu lassen und diese z.B. aufgrund der Verweigerung von Visa ausfallen muss.
Reduzierung von bürokratischen Hürden in der Antragsstellung wie z.B. durch
einen Übergang zur ganzjährigen Antragstellung für Erasmus+, eine Einführung von
Förderpauschalen und die Abschaffung der starren Begrenzung bei
Teilnehmendenzahlen. Ziel ist es, dass auch Verbände mit knappen
Personalressourcen selbstständig und unkompliziert von den Fördertöpfen
profitieren können.
Ein gemeinsamer Prozess mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des
Innern und für Heimat, zur gemeinschaftlichen Erarbeitung von unbürokratischen
Leitlinien zur erfolgreichen Visabeantragung. Ziel sollte es sein, einen an den
Mitteln und Möglichkeiten von Trägern der internationalen Jugendarbeit
orientierten Leitfaden zu erstellen, auf den sich im Konfliktfall sowohl Träger
als auch deutsche Auslandsvertretungen und das Auswärtige Amt beziehen können.
Dabei sollte auch berücksichtigt werden, dass besonders Jugendliche nicht immer
Nachweise zu wirtschaftlichen oder familiären Bindungen erbringen können. Wir
möchten sicherstellen, dass Maßnahmen der Internationalen Jugendarbeit, die u.a.
durch die Bundesregierung gefördert werden, nicht an Visaverweigerungen durch
Behörden der gleichen Bundesregierung scheitern. Langfristig müssen
Visabarrieren abgebaut werden, um Reisefreiheit für alle jungen Menschen zu
ermöglichen.
Stärkung der Förderung von internationalen Jugendleiter*innenausbildungen, damit
bereits die Schulung von Ehrenamtlichen und Fachkräften im Bereich der
Internationalen Jugendarbeit einer internationalen Perspektive folgt und
entsprechend zur Durchführung internationaler Maßnahmen befähigt.
Stärkung multilateraler Jugendbegegnungen und Übergang zu Fördertöpfen, die auch
Begegnungen mit vier und mehr Ländern ermöglichen, da bisherige Fördertöpfe oft
zu starr sind und nicht mehr die Realitäten und Anforderungen im internationalen
Jugendaustausch widerspiegeln.